Die Besteuerung von privaten Kapitalerträgen

Seit Einführung der Abgeltungsteuer im Jahr 2009 führen Banken und in bestimmten Fällen auch inländische Investmentfonds die Steuer auf Kapitalerträge wie Zinsen (z.B. aus Anleihen oder Tagesgeldern), Dividenden aus Aktien und Veräußerungsgewinnen aus dem Verkauf von Wertpapieren an den deutschen Fiskus ab.

Der Steuersatz beträgt – im Vergleich zum geltenden progressiven Steuertarif von bis zu 42% bei den anderen Einkunftsarten – 25% und kommt erst zur Anwendung, wenn der Steuerpflichtige bei seiner Bank keinen oder keinen ausreichenden Freistellungsauftrag eingereicht hat oder die Kapitalerträge im Jahr den Sparerpauschbetrag (801 EUR für Ledige bzw. 1.602 EUR für Ehepartner) übersteigen.

Die Idee der Abgeltungsteuer ist es, alle privaten Kapitalerträge einheitlich zu besteuern und die Erfassung in der Steuererklärung überflüssig zu machen, es sei denn, der Steuerpflichtige hat einen niedrigeren persönlichen Steuersatz und beantragt bei seinem Finanzamt die sogenannte „Günstigerprüfung“. Hierfür muss er seine Kapitalerträge in seiner Steuererklärung (Anlage KAP) angeben, um eine Entlastung der bereits von seiner Bank einbehaltenen Steuer zu erreichen. Im Grunde sollte die Abgeltungsteuer die Besteuerung von Kapitalanlagen vereinfachen.

Allerdings hat die Praxis gezeigt, dass es eine Vielzahl von weiteren Ausnahmefällen gibt, in denen der Steuerpflichtige dennoch die Kapitalerträge in seiner Steuererklärung erfassen muss. So ist es beispielsweise erforderlich, Erträge und Veräußerungsgewinne aus Wertpapieren anzugeben, die sich in einem ausländischen Depot befinden. Gleiches gilt für ausländische Investmentfonds, die Ihre Erträge nicht ausschütten, sondern im Fondsvermögen belassen (thesaurieren).  In beiden Fällen wird weder die ausländische Bank noch der ausländische Fonds Abgeltungsteuer einbehalten.

Ebenso die mitunter zahlreichen Gerichtsentscheidungen stellen die Idee der einfachen Besteuerung immer wieder in Frage. Da die Banken beim Steuereinbehalt an die Auffassung der Finanzverwaltung gebunden sind (bzw. eine geänderte Auffassung der Finanzverwaltung erst nach einer gewissen Vorlaufzeit in den Abgeltungsteuersystemen der Banken umprogrammiert werden kann), können Steuerpflichtige unter Umständen ebenfalls erst im Rahmen der Veranlagung die für sie günstigere Rechtsauslegung beanspruchen.

Steuerpflichtige sollten also auch die Erträgnisaufstellungen ihrer Banken genau prüfen, ob sie mit ihren Kapitaleinkünften in die Veranlagung gehen (müssen).

Inwieweit uns das gegenwärtige System zur Besteuerung der privaten Kapitalerträge erhalten bleibt, ist ungewiss. Denn, die vielen Ausnahmeregelungen, ein vergleichsweise zu geringer Steuerbeitrag für den Fiskus bei immer noch zu hohen Bürokratiekosten und zu guter Letzt die sog. Steuer-CD´s, haben die politische Diskussion immer wieder neu belebt. So haben einige prominente Fälle medienwirksam gezeigt, dass der 25%ige Steuersatz vermutlich nicht die erhoffte Sogwirkung entfaltet hat, bisher unversteuerte Kapitalerträge (unter Umständen auch straffrei) ins Inland zu holen. Das dies nicht nur ein deutsches Phänomen ist, sieht man daran, dass sich aufgrund der Initiativen der Europäischen Union und der OECD nunmehr eine Vielzahl von Staaten (darunter auch vermeintliche Steueroasen) an einem internationalen Informationsaustausch von Steuerinformationen beteiligen.

Ein Blick in die Wahlprogramme der etablierten Parteien zur diesjährigen Bundestagswahl zeigt, dass es wohl einen mehrheitlichen Konsens gibt, die Abgeltungsteuer nach Ihrer nun 8jährigen Verweildauer im Steuerrecht wieder abzuschaffen und zur früheren individuellen Besteuerung zurückzukehren. Vermutlich wird das dann umgesetzt werden, sobald ein funktionierender internationaler Informationsaustausch der Finanzbehörden gegeben ist.

Ihr Marcus Sperlich